
Diese Vortragszusammenfassung behandelt die Unterscheidung zwischen koranischer Schrift und persönlichen Notizen, basierend auf unserem wöchentlichen Vortrag vom 13. Mai 2024 über den Tafsir von Elmalılı Muhammed Hamdi Yazır.
Was macht den Koran zum Koran?
Der Koran besitzt eine einzigartige Stellung unter allen islamischen Texten. Der Koran ist die Rede Allahs, herabgesandt auf den letzten Propheten Muhammad durch den Engel Gabriel, in seiner genauen Bedeutung und seinem genauen Wortlaut, durch zahlreiche Personen (Tawatur) überliefert, sowohl mündlich als auch schriftlich.
Damit etwas als Koran deklariert werden kann, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: Es muss vom Propheten selbst als Koran deklariert worden sein, und es muss durch eine lückenlose Überlieferungskette (Tawatur) übertragen worden sein. Tawatur bedeutet eine Überlieferung, die in jeder Kette kollektiv überliefert wurde und auf zahlreiche, untereinander verschiedene Quellen zurückgeht.
Der Wert und die Gesetzgebung des Korans liegen nicht nur in der Übersetzung, sondern jedes einzelne Wort und jeder Satz im Koran hat eine Gewichtung und ein Hukum – eine Gesetzgebung, eine Schwere, eine Last. Die Besonderheit beim Lesen des Korans liegt genau in diesem Hukum.
Der Unterschied zwischen Koran, Hadith und Hadith Qudsi
Um die Bedeutung der Trennung zu verstehen, müssen wir die Unterschiede zwischen verschiedenen Textarten klären.
Hadith sind Überlieferungen über Aussprüche und Handlungen des Propheten Muhammad (sav). Die große Bedeutung der Hadithe im Islam ergibt sich daraus, dass die Handlungsweise (Sunna) des Propheten normativen Charakter besitzt und nach dem Koran die zweite Quelle der islamischen Normenlehre darstellt.
Hadith Qudsi ist eine besondere Form: Ein Hadith Qudsi ist nach islamischem Verständnis nicht prophetischen, sondern göttlichen Ursprungs – außerkoranisches Gotteswort, das von Gott durch Inspiration, Träume und dergleichen gesandt, vom Propheten aber verbalisiert wurde. Der Koran wurde dem Propheten Wort für Wort offenbart durch den Engel Gabriel (Wahy), während ein Hadith Qudsi auf Eingebung (Ilham) zurückgeht.
Die entscheidenden Unterschiede zum Koran sind klar: Der Koran ist unnachahmlich und einzigartig. Er wurde durch zahlreiche Personen überliefert (Tawatur), während Hadith und Hadith Qudsi oft nur von wenigen oder sogar einer einzelnen Person überliefert wurden. Im Zustand der großen rituellen Unreinheit ist das Berühren eines Koranexemplars nicht erlaubt – dieses Verbot trifft nicht auf Bücher zu, die Ahadith Qudsiya enthalten.
Selbst wenn ein Hadith vom Propheten stammt, in dem er einen Koranvers erläutert, und dieser Hadith mit einer sicheren Überlieferungskette (Tawatur) kommt, ersetzt das nicht den Koran selbst.
Mushaf: Der Koran zwischen zwei Deckeln
Mushaf ist ein arabisches Wort für einen Kodex oder eine Sammlung von Blättern, bezieht sich aber auch auf eine geschriebene Kopie des Korans. Mushaf ist das aufgeschriebene Koranwerk zwischen zwei Deckeln als Komplettpaket. Nur das wird nach manchen Rechtsgelehrten als der wahrhaftige Koran betrachtet.
Diese Unterscheidung ist wichtig: Einzelne Koranverse auf Schnipseln oder Bildschirmen sind technisch gesehen kein Mushaf, auch wenn sie koranischen Text enthalten. Aus Respekt gegenüber dem Wort Allahs sollten sie dennoch entsprechend würdevoll behandelt werden.
Die Praxis der Salaf: Trennung von Koran und Notizen
Die frühen Muslime (Salaf as-Salih) haben die Koranverse gesondert aufgeschrieben und empfohlen, den Mushaf von persönlichen Notizen zu trennen. Der Grund war ihre Sorge, dass sich mit der Zeit der Koran und ihre Notizen vermischen könnten.
Ibn Mas’ud pflegte zu sagen: „Macht es zu einer Routine, in den Mushaf zu schauen“. Es wird berichtet, dass Umar, wenn er sein Haus betrat, den Mushaf öffnete und daraus rezitierte. Diese Praxis zeigt die Hochachtung der Salaf vor der Reinheit des Korantextes.
Beihaki erklärte in seinem Tafsir den Sinn dieser Trennung: Es geht darum, den Koran nicht mit etwas zu verwechseln, was nicht zum Koran gehört. Wenn die Schreibweise so gestaltet ist, dass eine Vermischung unmöglich ist, gibt es kein Problem.
Die Empfehlung von Ibn Abbas
Ibn Abbas (ra.) war ein besonders bedeutender Gefährte, der vom Propheten Muhammad als „Übersetzer des Korans“ bezeichnet wurde. Seine Meinung zu dieser Frage trägt daher besonderes Gewicht.
Ibn Abbas sagte, dass wenn eine Vermischung wahrscheinlich ist, das Aufschreiben von Notizen im Mushaf makruh (missbilligt) sei. Allerdings betont Elmalılı: Da es heute nicht mehr möglich ist, dass jemand einen verfälschten Koran verbreitet – also Koran an sich, nicht die Übersetzung – ist diese Rechtsprechung von Makruh heute nicht mehr in derselben Form gültig.
Unter der Voraussetzung, dass der Schreibstil sich vom Schriftstil des Korans offensichtlich unterscheidet und dies bewusst erfolgt, handelt man nicht gegen die Empfehlung von Ibn Abbas.
Moderne Drucktechnik und klare Abgrenzung
Seit dem Druck des Korans hat man sich sehr bemüht, dass die Schreibweise des Korans selbst sich von der Schreibweise der Notizen unterscheidet. In modernen Mushaf-Drucken wird der Korantext durch eine klare Umrandung vom restlichen Text innerhalb des Buches getrennt.
Notizen wie „Sie haben einen Juz gelesen“, „Hier ist eine Sajda-Ayat“, „Sie sind in dieser Sure angekommen“ – all diese Hinweise werden in einem anderen Schriftstil dargestellt. Dies schafft eine klare Wand zwischen Koran und Notizen und verhindert Verwechslungen.
Diese Trennung hat mehrere Vorteile: Sie gibt den Lesern Orientierung, erleichtert das Auswendiglernen und schützt die Integrität des Korantextes.
Die Bedeutung für heutige Muslime
Für zeitgenössische Muslime ist diese Unterscheidung von besonderer Bedeutung. In unserer Zeit ist das Wissen sehr vermischt. Viele kennen Hadith-Wissenschaft nicht ausreichend und können Hadithe nur so verstehen, wie große Gelehrte sie uns erklären. Das Einzige, was direkt zugänglich ist, ist der Koran – und selbst den kennen viele nicht wirklich in seiner Tiefe.
Deshalb ist es wichtig, eine wahrhaftige Quelle zu haben und sich daran zu orientieren. Es gibt Beispiele, wo Namen erfunden werden mit angeblichen Bedeutungen wie „der erste Regentropfen im Paradies“, ohne jegliche Quellenangabe. Es gibt bewusste Fehlübersetzungen, die Menschen in bestimmte Richtungen lenken sollen.
In der Türkei gab es sogar sogenannte „Übersetzungsoperationen“ – bewusst gedruckte Übersetzungen, um Menschen in eine bestimmte Richtung zu lenken, durch geschickte Wortwahl.
Fazit: Schutz der koranischen Reinheit
Es ist eine Pflicht gegenüber jedem Muslim, sich besonders zu bemühen, dass Mushaf und Randnotizen oder Notizen nicht zusammenkommen. Auch wenn wir sagen, dass die Einfachheit bei klarer Trennung bevorzugt wird, sollten wir für zukünftige Generationen Befürworter der Trennung zwischen Notizen und Koranversen sein.
Es ist eine Pflicht, den Koran zu schützen. Es ist offensichtlich, dass es besser und stabiler ist, eine klare Trennung vorzunehmen, anstatt nur teilweise zu trennen. Diese Praxis ist durch ein Scharia-Gesetz bis zu uns gekommen und sollte bewahrt werden.
Die klare Unterscheidung zwischen dem Wort Allahs und menschlichen Zusätzen ist kein formalistisches Detail, sondern ein Ausdruck tiefen Respekts vor der göttlichen Offenbarung und ein Schutz für kommende Generationen von Muslimen.



