Gebetspflichten: Eröffnung und Koranlesen

📅 18. September 2023
👥 VAFA Team
🏛️ Vorträge
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Diese Vortragszusammenfassung behandelt fundamentale Pflichten des islamischen Gebets, basierend auf unserem wöchentlichen Vortrag vom 17. September 2023. Der Fokus liegt auf drei wesentlichen Elementen: dem Eröffnungstekbir (Iftitah Tekbir), dem aufrechten Stehen (Qiyam) und der Koranrezitation (Qira’at) innerhalb des Gebets.

Der Eröffnungstekbir: Das Tor zum Gebet

Das Wort „Iftitah“ leitet sich von der arabischen Wurzel „Fetih“ ab, was Eröffnung bedeutet – dieselbe Wurzel wie in „Al-Fatiha“, der eröffnenden Sure des Korans. Der Iftitah Tekbir ist der Takbir der Eröffnung, mit dem das Gebet beginnt. Ein Hadith unterstreicht seine zentrale Bedeutung: „Der Schlüssel des Gebets ist die rituelle Waschung, Handlungen die dem Geist des Gebets zuwiderlaufen werden mit dem Takbir verboten und mit dem Schlussgruß am Ende des Gebets wieder erlaubt.“ (Abu Dawud, Taharet, 31)

Dieser Tekbir wird auch „Tahrime“ genannt, da mit ihm bestimmte weltliche Handlungen während des Gebets untersagt werden. Die einzige Absicht beim Aussprechen des Tekbirs sollte sein, Allah zu lobpreisen. Sobald man „Allahu Akbar“ gesagt hat, muss man sich vollständig dem Gebet widmen und weltliche Angelegenheiten hinter sich lassen.

Variationen des Eröffnungstekbirs in der hanafitischen Rechtsschule

Laut hanafitischer Rechtsschule ist das Sprechen von „Allahu Akbar“ zwar bevorzugt, aber auch alternative Formulierungen wie „Allahu’l-Kabir“ (Allah, der Große) oder einfach „Allah“ reichen für Pflichtgebete aus. Diese Worte tragen bereits genug Bedeutung in sich, um Allah angemessen zu lobpreisen. Bittgebete wie „Astaghfirullah“ oder „Bismillah“ sind jedoch nicht geeignet, da sie Bitten an Allah darstellen und nicht reine Lobpreisungen.

Ein wichtiger technischer Hinweis: Die korrekte Aussprache ist entscheidend. Wenn man statt „Allahu Akbar“ (Allah ist der Größte) versehentlich „Allahu Akbar?“ mit fragender Intonation sagt, wird der Tekbir ungültig. Bei einem solchen Fehler während des Gebets wird das gesamte Gebet ungültig.

Wer hinter einem Imam betet, darf seinen Iftitah Tekbir erst dann sprechen, wenn der Imam seinen eigenen vollständig abgeschlossen und die Hände zusammengebunden hat.

Qiyam: Das aufrechte Stehen im Gebet

Qiyam, das aufrechte Stehen, ist eine fundamentale Pflicht des Gebets. Jeder, der die körperliche Fähigkeit dazu besitzt, muss im Stehen beten. Dies ist so essentiell, dass das Gebet einer Person, die stehen könnte, aber trotzdem sitzend betet, ungültig ist. Ein überlieferter Hadith von Imran ibn Husayn verdeutlicht dieses Prinzip: Als er den Propheten aufgrund von Hämorrhoiden fragte, wie er beten solle, erhielt er Anweisungen für sein spezielles Leiden.

Gebet bei Krankheit und Einschränkungen

Die islamische Rechtslehre zeigt große Flexibilität bei gesundheitlichen Einschränkungen. Wer aufgrund von Krankheit nicht stehen kann oder durch das Stehen starke Schmerzen erleidet, die seine Situation verschlimmern würden, darf im Sitzen beten. Dabei sollte man, wenn möglich, die Verbeugung (Ruku) und Niederwerfung (Sejde) normal ausführen. Ist dies nicht möglich, beugt man sich im Sitzen nach vorne. Wenn auch das nicht möglich ist, werden diese Bewegungen durch Kopfbewegungen oder Augenbewegungen angedeutet.

Eine wichtige Regel besagt: Wer sich abstützen muss, um zu stehen, soll im Stehen beten, solange er dazu in der Lage ist. Kann er nicht lange stehen, soll er den Eröffnungstekbir im Stehen sprechen und sich dann hinsetzen, um im Sitzen weiterzubeten.

Besondere Situationen: Reisen und Bewegung

Auf einem sich bewegenden Tier oder in einem fahrenden Auto darf man keine Pflichtgebete (Farz) oder Wajib-Gebete verrichten – dies gilt nur für freiwillige Gebete. Ein geparktes Auto hingegen entspricht einer festen Gebetsfläche, auf der man jedes Gebet verrichten kann.

Auf einem Schiff gilt laut Imam-i A’zam: Im Stehen zu beten ist besser, aber im Sitzen ist ebenfalls erlaubt. Zwei andere Imame vertreten die Ansicht, dass man ohne Entschuldigung (wie Schwindelgefühle) im Stehen beten muss, da Qiyam eine Pflicht darstellt, die nicht ohne Grund aufgegeben werden darf.

Qira’at: Die Koranrezitation im Gebet

Qira’at bezeichnet das Lesen bestimmter Koranverse im Gebet und stellt eine Pflicht dar. Die Rezitation muss so laut sein, dass der Betende selbst sie hören kann. Wer hinter einem Vorbeter betet, ist von dieser Regel ausgenommen, da die Rezitation des Vorbeters für alle gilt. Ein Hadith bekräftigt: „Die Lesung des Imams ist auch die Lesung derer, die sich ihm angeschlossen haben.“ (Ibn Madscha)

Umfang der Koranrezitation

In Pflichtgebeten ist Qira’at in den ersten zwei Rak’at verpflichtend. Bei Witr-Gebeten (drei Rak’at nach dem Nachtgebet) und freiwilligen Gebeten wird in jedem Rak’at rezitiert.

Laut Imam-i A’zam genügt bereits ein einziger Koranvers, selbst wenn er kurz ist. Eine weitere Ansicht von ihm sowie zwei anderen Imamen besagt: Es sollten mindestens drei kurze Verse oder ein Vers sein, der so lang ist wie drei kurze Verse. Verse, die nur aus einem Buchstaben oder Wort bestehen (wie „Nun“ oder „Muhammadan“), gelten einhellig als nicht ausreichend.

Wer nur einen einzigen Vers kennt, wiederholt diesen laut Imam-i A’zam nicht dreimal, sondern rezitiert ihn nur einmal und fährt mit der Verbeugung fort. Andere Gelehrte erlauben die dreimalige Wiederholung, jedoch nur wenn keine weiteren Verse bekannt sind.

Bei sehr langen Versen wie Ayat al-Kursi kann man den ersten Teil im ersten Rak’at und den zweiten Teil im zweiten Rak’at rezitieren, da ein solch langer Vers dem Umfang von zwei oder drei kürzeren Versen entspricht.

Praktische Anwendung im Alltag

Diese detaillierten Regelungen zeigen die Tiefe der islamischen Rechtslehre und ihre Berücksichtigung individueller Umstände. Sie ermöglichen es jedem Gläubigen, unabhängig von gesundheitlichen Einschränkungen oder Lebensumständen, das Gebet ordnungsgemäß zu verrichten und die Verbindung zu Allah aufrechtzuerhalten.

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