
Diese Vortragszusammenfassung behandelt die unterschiedlichen Dimensionen von Allahs Barmherzigkeit als Rahman und Rahim, basierend auf unserem wöchentlichen Vortrag vom 10. November 2024 und Elmalılı Muhammed Hamdi Yazırs „Hak Dini Kur’an Dili“.
Das Grundprinzip: Sein vs. Nichtsein
Das Wesen von Prüfungen und Unglücken ist das Nichtsein oder Dinge, die ins Nichts führen. Das Wesen des Guten ist das Sein und Dinge, die zum Sein führen.
All unser Leid aufgrund von Übeln erschreckt uns, weil wir fürchten, dass ein Gut verloren geht. Die größte Sorge ist dabei, die Hoffnung auf Allah und Seine Barmherzigkeit zu verlieren.
Der Kampf des irdischen Lebens
Das irdische Leben ist ein Kampf zwischen Sein und Nichtsein, zwischen Leiden und Freude, zwischen Verzweiflung und Glauben. Dieser Kampf wird durch die Barmherzigkeit des Barmherzigen, durch eigene Anstrengung und gegenseitige Hilfe geführt.
Daher beginnt unser Glück und unsere Freude mit dem Übergang vom Nichtsein zum Sein und findet seinen Abschluss in unserem Übergang vom Endlichen zum Ewigen.
Rahman: Die umfassende Schöpfungsbarmherzigkeit
Die Barmherzigkeit Allahs, des Rahman, umfasst den Willen zur Schöpfung, der alles Mögliche aus dem Nichts ins Dasein ruft, und die Gabe des Seins. Da das Sein die Grundlage allen Guten und aller Gaben ist, erfordert diese Barmherzigkeit die Erschaffung aller möglichen Dinge.
Die Schaffung denkender Wesen, die eigene Entscheidungen treffen können, ist ein weiterer Ausdruck der umfassenden Vollkommenheit von Allahs Barmherzigkeit. Denn dadurch nähern sich die möglichen Wesen der Existenz Allahs an.
Das Problem der Vielfalt und Einheit
Durch die Existenz unterschiedlicher Willensrichtungen entsteht eine Form von Vielfalt im Dasein. Ein Dasein, das sich in Zusammenarbeit behaupten möchte, ist jedoch unmöglich. Denn um zu existieren und fortzubestehen, bedarf es einer Einheit.
Das Setzen von Partnern zur Einheit Allahs (Schirk) stellt daher die größte Form von Fehlleitung und das Ablehnen des Selbstexistierenden dar. Unabhängig davon, wie viel Böses im Universum betrachtet wird, ist die Wurzel von allem im Anspruch auf Mehrzahl und Teilhaberschaft.
Rahim: Die erzieherische Barmherzigkeit
Allah, der Rahîm, schafft durch seine Herrschaft eine Ordnung und Harmonie, die sowohl den Willen zu Vielfalt als auch das Fortbestehen aller Geschöpfe in einer vollkommenen Einheit sicherstellt.
Die vollkommenste Erziehung besteht in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Notwendigkeit und Wahlfreiheit. Diese Balance, die aus der erzieherischen Rolle Allahs resultiert, ist ein Ausdruck der Barmherzigkeit.
Die Belohnung nach Taten
Frühe Tafsir bezeichneten die rahîmische Barmherzigkeit Allahs als „feine Segnungen“ und interpretierten sie primär als die Segnungen des Jenseits. Jeder, der über einen freien Willen verfügt, erhält die Möglichkeit zur Wahl. Doch wird letztlich jedes Wesen nach seinen erworbenen Taten beurteilt.
Der Koran bestätigt: „Also, wer das Gewicht eines Stäubchens Gutes tut, der wird es sehen. Und wer das Gewicht eines Stäubchens Böses tut, der wird es sehen“.
Die Botschaft des Rahman
Der Rahman sagt: ‚O Menschen! Ob ihr wollt oder nicht, Ich habe euch und allen anderen Welten aus Meinem unerschöpflichen Schatz die Gaben des Seins und des Fortbestehens gewährt und werde sie weiterhin gewähren‘.
Die Botschaft des Rahim
Der Rahim sagt: ‚O Vernunftbegabte, o Wesen mit freiem Willen! Ihr seid anders als die anderen. Sie sind lediglich den Gesetzen Meiner allumfassenden Barmherzigkeit unterworfen. Ihr hingegen seid erschaffen worden, um die Vollkommenheit Meiner Barmherzigkeit zu manifestieren‘.
‚Euch gebe Ich über das hinaus, was ihr benötigt, auch das, was ihr wünscht und wofür ihr arbeitet. Doch werde Ich euch zur Rechenschaft ziehen, um die Neigungen eurer Seelen zur Vielheit zu korrigieren und das Gleichgewicht zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit wiederherzustellen‘.
Das Wesen Allahs
Zusammengefasst: Mein Wesen als Allah ist nicht durch Zerstörung, Unterdrückung oder Tötung gekennzeichnet, sondern durch die Eigenschaften des Rahman und Rahim, die das Wohlwollen und die Güte vermehren.
Die Verheißung lautet: „Für diejenigen, die Gutes tun, gibt es das Beste an Lohn und noch mehr. Ihre Gesichter werden weder von Dunkelheit noch Erniedrigung bedeckt. Das sind die Insassen des Paradiesgartens; ewig werden sie darin bleiben“.
Praktische Bedeutung für heute
Diese Unterscheidung zwischen Rahman und Rahim hilft beim Verständnis der verschiedenen Dimensionen göttlicher Barmherzigkeit. Rahman wirkt universal – jeder atmet, lebt und existiert durch diese Barmherzigkeit, unabhängig vom Glauben.
Rahim hingegen ist spezifisch – sie belohnt bewusste Entscheidungen und gute Taten. Diese Barmherzigkeit erfordert Eigenverantwortung und freie Wahl.
Die Balance zwischen beiden zeigt: Allah zwingt niemanden, aber belohnt jeden nach seinen Taten. Das schafft sowohl Hoffnung als auch Verantwortung.