Basmala-Debatte: Ist "Bismillah" ein eigenständiger Koranvers?

📅 01. Juli 2024
👥 VAFA Team
🏛️ Vorträge
⏱️ 2 Min. Lesezeit

Diese Vortragszusammenfassung behandelt eine wichtige theologische Debatte über die Verszählung der Fatiha und den Status der Basmala, basierend auf unserem wöchentlichen Vortrag vom 30. Juni 2024.

Die Grenzen unserer Wissensvermittlung

Bevor wir ins Thema einsteigen, eine wichtige Klarstellung: Wir machen zwar Tafsir-Unterricht, aber das ist kein vollständiger Tafsir. Der Autor Elmalılı Hamdi Yazır hatte einen Ozean an Wissen, musste diesen aber durch viele Filter bringen – zuerst für seine Zeit, dann in eine damals neue türkische Sprache. Heute kommt das gefilterte Wissen zu uns, wird nochmals übersetzt und vereinfacht. Sehr viel Information geht dabei verloren. Deshalb ist zusätzliches Lernen in der Freizeit wichtig.

Die Verszählung der Fatiha

Alle Gelehrten sind sich einig: Die Fatiha hat sieben Verse. Aber welche sieben? Hier liegt die Diskussion. Die Frage lautet: Ist „Bismillahirrahmanirrahim“ einer der sieben Verse, oder ist „Sirat alladhina an’amta alayhim“ der siebte Vers?

Es gibt zwei Arten von Basmala im Mushaf (dem gesamten Koran): Die vor jeder Sure stehende und die in Sure Neml, Vers 30 vorkommende. Dass die Basmala in Sure Neml Teil des Korans ist, steht außer Frage – sie kommt mittendrin vor. Aber bei den Basmala-Versen am Surenanfang gibt es unterschiedliche Gelehrtenmeinungen.

Die Gelehrtenpositionen

Die Schafi-Position: Imam Schafi und seine Anhänger betrachten jede Basmala als eigenständigen Koranvers. Das würde bedeuten: 113 zusätzliche Verse im gesamten Koran. Sie lesen die Basmala im Gebet laut, weil sie sie als Teil des Korans sehen. Ihre Begründung: Die Salaf (frühen Muslime) haben diese Basmala-Verse im Mushaf festgeschrieben. Zwischen den beiden Deckeln des Mushaf steht nichts anderes als Koran.

Überlieferungsbelege: Ibn Abbas sagte: „Wer die Basmala verlässt, hat 114 Verse vom Buch Allahs verlassen.“ Abu Huraira berichtete, dass der Prophet sagte: „Fatiha tul Kitab besteht aus sieben Versen, und der erste davon ist Bismillahirrahmanirrahim.“ Umm Salamah erzählte, dass der Prophet die Fatiha las und „Bismillahirrahmanirrahim, Alhamdulillahi Rabbil Alameen“ als einen Vers zählte.

Die Maliki-Position: Imam Malik hatte Zweifel daran, dass die Basmala ein fester Bestandteil des Korans ist. Nach der Tradition der Leute von Medina ist die Basmala weder bei der Fatiha noch bei anderen Suren ein Teil des Korans (außer Sure Neml, Vers 30). Sie wurde nur zur Ehre des Korans hinzugefügt. Deshalb liest Malik die Basmala im Gebet weder laut noch leise.

Diese Debatte zeigt die Sorgfalt der frühen Gelehrten bei der Koranwissenschaft. Jede Meinung hat ihre Belege und Begründungen. Die Unterschiede entstehen durch verschiedene Überlieferungen und Interpretationsmethoden.

Die praktischen Auswirkungen sehen wir heute noch: Manche Muslime lesen die Basmala im Gebet laut (wie die Schafis), andere leise oder gar nicht (wie die Malikis). Beide Praktiken haben ihre Berechtigung in der islamischen Tradition.

Diese gelehrte Diskussion zeigt uns, wie detailliert und präzise die islamische Wissenschaft arbeitet. Es geht nicht nur darum, den Koran zu lesen, sondern jedes Wort, jeden Vers in seinem korrekten Kontext zu verstehen.

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