Die islamische Bestattung: Würde bis zum letzten Moment

📅 01. Dezember 2025
👥 VAFA Team
🏛️ Vorträge
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Diese Vortragszusammenfassung behandelt die umfassenden islamischen Regelungen zur Bestattung, basierend auf unserem wöchentlichen Vortrag vom 30. November 2025.

Die Vorbereitung des Grabes

Ein Grab sollte ungefähr 150 cm tief, 100 cm breit und entsprechend der Körperlänge des Verstorbenen. Das ausgraben des Grabes kann mit kosten verbunden sein – dies ist erlaubt und stellt kein Problem dar.

Bei der Beerdigung einer Frau wird ein Tuch über das Grab gespannt, um ihre Würde bis zur vollständigen Beisetzung zu wahren. Diese Praxis zeigt den besonderen Schutz der Privatsphäre, den der Islam auch über den Tod hinaus gewährleistet.

Der Weg zum Grab

Während die Janaza (der Leichnam) zum Grab getragen wird, gilt es als unerwünscht (makruh), sich hinzusetzen. Sobald die Janaza jedoch abgesetzt wurde, ist das Stehen wiederum makruh – ein Zeichen des Respekts gegenüber dem Verstorbenen. Diese scheinbar kleinen Details verdeutlichen, wie durchdacht die islamische Trauerkultur ist.

Die Bestattung selbst

Beim Hinablassen des Verstorbenen ins Grab gelten besondere Regeln. Eine verstorbene Frau sollte am besten von einem Mahram (einem männlichen Verwandten, den sie nicht hätte heiraten dürfen) ins Grab gelassen werden. Ist kein Mahram anwesend, übernehmen gläubige fremde Männer diese Aufgabe.

Die Personen, die den Verstorbenen hinablassen, sprechen dabei: „Bismillâhi ve alâ milleti resûlillâh“ – Im Namen Allahs und gemäß der Religion seines Gesandten.

Der Körper wird so positioniert, dass er nach rechts geneigt in Richtung Qibla schaut. Dies ist Sunnah, keine Pflicht – und kein Grund, ein bereits geschlossenes Grab erneut zu öffnen. Falls am Leichentuch Knoten vorhanden sind, werden diese gelöst.

Die Bodenbeschaffenheit entscheidet

Je nach Beschaffenheit des Bodens variiert die Vorgehensweise:

Bei harter Erde wird der Verstorbene mit Materialien wie Holz, Lehmziegeln oder Ähnlichem abgedeckt. Der Zweck ist klar: Die Erde soll nicht direkt auf dem Körper lasten, sondern auf dieser Abdeckung.

Bei nasser Erde ist es Sunnah, das Grab mit Erde auszustopfen, um Stabilität zu gewährleisten.

Bei weicher Erde wird ein Loch gegraben und beide Seiten werden mit Lehm, Ziegeln oder Backstein befestigt. Der Verstorbene wird dazwischen gelegt und dann mit Holz, Lehmziegeln oder Backstein abgedeckt – wiederum so, dass das Material den Körper nicht direkt berührt.

Bei weicher und nasser Erde kann der Verstorbene zusammen mit dem Sarg beerdigt werden. Der Sarg darf dabei aus Stein oder Metall sein. Ist die Erde jedoch nicht weich und nass, gilt die Verwendung eines Sarges als makruh. Manche Gelehrte vertreten die Ansicht, dass es grundsätzlich schöner sei, eine Frau mit Sarg zu bestatten.

Das Bewerfen mit Erde

Über das Bewerfen des Grabes mit überschüssiger Erde gibt es unterschiedliche Meinungen: Grundsätzlich gilt es als makruh, nach Imam Muhammad jedoch ist darin kein Problem zu sehen.

Den Anwesenden wird empfohlen (mustahab), dreimal jeweils eine Handvoll Erde auf das Grab zu werfen. Dabei sprechen sie:

Beim ersten Mal: „Minha halaknaküm“ – Aus ihr haben Wir euch erschaffen.
Beim zweiten Mal: „Ve minha nuîdüküm“ – In sie werden Wir euch zurückkehren lassen.
Beim dritten Mal: „Ve minha nuhricüküm tareten uhrâ“ – Und aus ihr werden Wir euch ein weiteres Mal hervorbringen.

Diese Worte stammen aus dem Koran und erinnern an den Kreislauf des Lebens und die Auferstehung.

Abschluss der Beisetzung

Das Grab wird leicht erhöht angelegt. Am Ende kann Wasser über das Grab gestreut werden.

Das Verweilen am Grab

Nach der Beisetzung eines Muslims gilt es als gute Tat, dort eine Weile zu verweilen – traditionell so lange, wie man benötigen würde, ein Kamel zu schlachten und das Fleisch zu verteilen. Es ist nicht angebracht, dass die Glaubensgenossen das Grab unmittelbar nach der Beisetzung verlassen.

Der Grund dafür ist tiefgreifend: Die Seele des Verstorbenen gewöhnt sich an die Anwesenheit der Lebenden, bereitet sich auf die Befragung im Grab vor und erwartet Allahs Vergebung.

Oft werden während dieser Zeit die Suren al-Mulk, al-Waqia, al-Ikhlas und die beiden Schutzsuren (al-Muawwidhatayn) rezitiert, gefolgt von der Fatiha und dem Beginn der Sure al-Baqara. Der Lohn dieser Rezitation wird den Seelen des Verstorbenen und anderen Gläubigen gespendet. Zudem wird zu Allah um Vergebung für den Verstorbenen gebetet.

Der Telkin: Letzte Worte an den Verstorbenen

Ein guter Mensch verrichtet nach der Beisetzung den Telkin. Dabei begibt er sich auf Höhe des Kopfes des Verstorbenen und ruft dreimal dessen Namen: „Ya so und so! Yebne fülane!“ – zum Beispiel: „Ya Osman! Ya Sohn der Zainab!“ Kennt man den Namen des Verstorbenen oder seiner Mutter nicht, ruft man: „Yâ Abdellah! Yebne Havva!“ – O Diener Allahs! O Sohn der Eva!

Dann spricht man:

„O Abdullah! O Sohn der Zainab! Sprich das Glaubensbekenntnis: ‚Eşhedü en lâ İlâhe illallah ve enne Muhammeden Resûlüllah‘, wie du es dein Leben lang geglaubt hast. Das Paradies ist wahr, die Hölle ist wahr, die Auferstehung ist wahr und der Tag des Gerichts ist wahr; daran besteht kein Zweifel. Allah wird die Toten aus ihren Gräbern auferwecken und sie am Tag des Gerichts versammeln. Gedenke, dass du erfreut warst, dass Allah der Herr ist, dass der Islam die Religion ist, dass Muhammad (Friede und Segen seien auf ihm) ein Prophet ist, dass der Koran der Imam ist, dass die Kaaba die Qibla ist und dass die Gläubigen Brüder sind.“

Anschließend wiederholt man dreimal:

„Ya abdellah! Kul lâ ilâhe illallah. Kul Rabbiyellahu ve diniyel-İslâmü ve nebiyyi Muhammedün. Aleyhi’s salâtü vesselam. Rabbi, lâ tezerhü ferden ve ente hayrül-varisin.“

Die Bedeutung: „O Abdullah, sprich: ‚Es gibt keinen Gott außer Allah. Sprich: Mein Herr ist Allah. Meine Religion ist der Islam. Mein Prophet ist Muhammad, Friede sei mit ihm.‘ O Herr! Lass diesen Toten nicht allein. Du bist der beste Erbe.“

Wann darf ein Grab geöffnet werden?

Ein einmal geschlossenes Grab darf grundsätzlich nicht wieder geöffnet werden. Es gibt nur drei Ausnahmen:

  1. Wenn der Verstorbene an einem unrechtmäßigen Ort begraben wurde.
  2. Wenn das Leichentuch einem anderen gehört.
  3. Wenn die Gemeinschaft versehentlich etwas ins Grab hat fallen lassen.

Wichtige Zusatzregelungen

Ein Grab im Haus des Verstorbenen anzulegen ist makruh. Diese Erlaubnis gilt ausschließlich für Propheten.

Wenn ein Grab mit der Zeit einsackt, kann es mit Erde aufgefüllt werden.

Massengräber sind nur erlaubt, wenn keine andere Möglichkeit besteht – etwa bei vielen Toten und wenig Platz oder Zeit. In diesem Fall trennt man die Körper durch Erde voneinander.

Auf dem Grab eine Hütte oder Kuppel zu errichten ist tahrimen makruh (stark unerwünscht). Handelt es sich um einen öffentlichen oder gespendeten Friedhof und werden dadurch andere behindert, ist es sogar haram (verboten).

Das Grab von Ranghohen oder Gelehrten mit einem Stein zu markieren ist erlaubt. In den meisten anderen Fällen gilt dies als makruh.

Auf Grabsteine sollte man keine Koranverse schreiben. Bei den Malikis gilt dies sogar als haram.

Kerzen am Grab anzuzünden ist nicht schön und gilt als Verschwendung (israf). Beleuchtung, die lediglich dazu dient, die Wege zu zeigen, ist hingegen gestattet.

Die Pflichten der Familie nach der Beerdigung

Das Elternteil des Verstorbenen sollte ab dem Tag nach der Beerdigung bis zum siebten Tag – soweit es ihm nicht schwerfällt – den Armen spenden und die Hasanat (guten Taten) dem Verstorbenen zukommen lassen. Dies ist Sunnah.

Wer keine Mittel hat, kann stattdessen zwei Rakat beten und die Hasanat spenden.

Achtung: Am ersten, dritten Tag oder eine Woche nach der Beerdigung selbst Essen auszugeben ist makruh. Es ist jedoch gut und erwünscht, wenn Nachbarn oder entfernte Verwandte der Trauerfamilie Essen bringen, da diese in ihrer Trauer keinen Kopf für solche Dinge haben.

Taziye: Die Kondolenzbesuche

Es ist erlaubt, drei Tage lang Kondolenzbesuche (Taziye) zu erwarten. Wer in der Nähe wohnt, sollte einmal zur Taziye kommen. Wer weiter entfernt lebt, kann auch nach diesen drei Tagen noch seinen Besuch abstatten.

Makruh ist es hingegen, auf dem Friedhof selbst, vor dem Haus des Verstorbenen oder mehrmals Taziye zu machen.

Die passenden Worte bei einem Kondolenzbesuch lauten: „Möge Allah dir große Geduld und reichlich Belohnung schenken.“

Die Antwort darauf ist: „İnnâ lillahi ve innâ ileyhi râciun“ – Wahrlich, wir gehören Allah und zu Ihm kehren wir zurück.

Die Pflege der Friedhöfe

Einen Friedhof zu schützen, zu pflegen und Bäume zu pflanzen ist die Aufgabe der Lebenden – auch wenn der Friedhof alt ist und diese Mühe unnötig erscheint.

Einen Friedhof zu verkaufen und die Gebeine zu verlagern, um darauf ein Geschäft zu errichten, ist verboten. Auch Verstorbene haben Rechte, die feststehen und geachtet werden müssen.

Der islamische Gelehrte Said Nursi mahnte eindringlich: „Wie kann eine Generation, die die Rechte ihrer Vorfahren nicht achtet, von ihren eigenen Kindern und Enkeln Schutz erwarten?“

Gerät ein Friedhof in die Hände von Nichtmuslimen, können die Gebeine verlagert werden, um sie zu schützen.

Verhalten auf dem Friedhof

Über Gräber oder an ihnen vorbeizugehen sollte vermieden werden. Erlaubt ist es nur, wenn kein anderer Weg vorhanden ist und man zum Koranlesen oder Bittgebet gekommen ist.

Am Grab zu schlafen, den Friedhof zu verschmutzen oder blühende Pflanzen herauszureißen ist makruh. Die Pflanzen auf dem Friedhof verrichten Dhikr (Gedenken an Allah).

Sonderfälle: Tod auf See

Wenn jemand auf See stirbt und kein Land in Sicht ist, gelten besondere Regeln: Der Verstorbene wird gewaschen, in ein Leichentuch gewickelt, das Totengebet wird verrichtet, und dann wird er mit Blick Richtung Qibla ins Wasser gelassen.

Hierzu gibt es zwei Ansichten der Gelehrten:

  1. Die erste besagt, dass man etwas Schweres an den Körper bindet, damit er den Meeresboden erreicht.
  2. Die zweite Meinung, die in einem islamischen Staat Anwendung finden würde, empfiehlt, den Körper an Holz zu befestigen, damit er an Land gespült und von Muslimen bestattet werden kann.

Der Zeitpunkt der Beerdigung

Eine Beerdigung sollte tagsüber stattfinden. Eine nächtliche Bestattung ist zwar erlaubt, aber der Tag ist vorzuziehen.

Wünsche des Verstorbenen

Hat der Verstorbene vor seinem Tod jemanden bestimmtes zum Waschen, Vorbeten oder Vergraben genannt, muss diesem Wunsch nicht zwingend Folge geleistet werden. Die Vormünder können diese Entscheidung überstimmen.

Nutzung vorbereiteter Gräber

Wurde auf einem Friedhof ein Grab vorbereitet und dann von jemand anderem genutzt, gilt: Auf einem großen Friedhof ist dies makruh, auf einem kleinen Friedhof erlaubt. Die Kosten für die Grabvorbereitung müssen in jedem Fall übernommen werden.

Sein eigenes Grab im Voraus auszuheben und vorzubereiten ist makruh. Hazreti Abu Bakr wird mit den weisen Worten überliefert: „Bereite dir nicht ein Grab vor, sondern bereite dich auf das Grab vor.“

Erlaubt ist es hingegen, sein Leichentuch (Kefen) bereits zu Lebzeiten zu besorgen.

Der Friedhofsbesuch als spirituelle Praxis

Männer sollten einmal wöchentlich – vorzugsweise freitags oder samstags – Gräber besuchen. Dies bringt Hasanat (Belohnung). Auch eine längere Fahrt zum Grab sollte unternommen werden.

Beim Besuch steht man in Richtung des Kopfes des Verstorbenen und spricht wie der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm):

„Friede sei mit euch, ihr Bewohner des Landes der Gläubigen! Wir werden euch, so Gott will, treffen. Ich bete zum allmächtigen Gott für unser und euer Wohlergehen.“

Am Grab zu sitzen und die Sure Yasin zu rezitieren bringt große Belohnung. Es wird von Imam Ali und Hazrat Anas (Allahs Wohlgefallen sei mit ihnen) überliefert, dass Allah der Allmächtige es unseren Verstorbenen erleichtern wird und dass jedem, der die Sure Yasin am Grab liest, ein Lohn in Höhe der Anzahl der dort Bestatteten zuteilwird.

Ältere Menschen können Friedhöfe als Mahnung und Erinnerung an die eigene Vergänglichkeit besuchen – solange keine Fitna (Versuchung oder Unruhe) daraus entsteht.

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