
Diese Vortragszusammenfassung behandelt das Verhältnis zwischen menschlichem Willen und göttlicher Hilfe, basierend auf unserem wöchentlichen Vortrag vom 4. Mai 2025 und Elmalılı Muhammed Hamdi Yazırs „Hak Dini Kur’an Dili“.
Die Bedeutung von „nur von Dir erbitten wir Hilfe“
„O Herr! Wir bitten dich allein um Hilfe – sowohl in unserer Anbetung und Ergebenheit dir gegenüber als auch in all unseren übrigen Angelegenheiten. Wir wenden uns an niemand anderen um Hilfe“.
Dieser Vers zeigt uns, dass alle Hilfe von Allah kommt, aber der Wunsch von uns stammt. Dies wird auch als Arbeiten und Verdienen oder freier Wille bezeichnet. Die eigentliche Kraft und Stärke entsteht dann, wenn dieser Wunsch und die Hilfe zusammenkommen.
Zwei Arten menschlicher Handlungen
Auf diese Weise entstehen zwei Arten von Handlungen: eine durch unseren Willen und eine ohne unseren Willen. Da beide von uns ausgehen und durch uns bestehen, werden sie als unsere Handlungen betrachtet und uns zugeschrieben.
Zum Beispiel sind wir es, die atmen, schlafen und sterben, genauso wie wir es sind, die essen, trinken, uns setzen und aufstehen.
Die Grenzen unseres Willens
Bei den willentlichen Handlungen sind wir die unmittelbare Ursache, aber nicht die vollständige oder absolute Ursache, denn wir sind dabei auf notwendige Hilfe angewiesen.
Ein praktisches Beispiel: Wenn beispielsweise die tatsächliche Verbindung zwischen meiner Hand und meinem Willen nicht hergestellt wäre, könnte ich meine Hand nicht bewegen, wenn ich es wünschte. Tatsächlich kann ich einige meiner Organe nicht auf diese Weise bewegen.
Die Maschinen-Analogie
Eine eingerichtete Maschine braucht anfangs einen Anstoß zum Arbeiten. Ein lebendiger Maschinist tut dies mit einem Wunsch in seiner Seele; seine Seele will, dass seine Hand den Schlüssel der Maschine hält. In dem Moment, in dem die Seele diesen Wunsch ausführt, wird die vorher nicht existierende Bewegung erschaffen, und die Maschine beginnt zu arbeiten.
So ist die Maschine der Ort der Bewegung, der Maschinist derjenige, der durch seinen Willen die Maschine antreibt, und Allah der Erhabene derjenige, der diese Bewegung von Anfang bis Ende aus dem Nichts erschafft.
Warnung vor extremen Positionen
Man sollte also weder wie die Deterministen oder Materialisten versuchen, den Menschen als seelenlose Maschine zu betrachten, noch sollte man versuchen, ihn wie Allah den Erhabenen, den Schöpfer von Seele und Materie, zu betrachten.
Niemand hat das Recht, den Islam entweder mit Determinismus, der jede menschliche Freiheit verneint, oder mit der gegenteiligen Strömung zu verunglimpfen, die behauptet, der Mensch sei selbst Schöpfer seiner Taten.
Das Konzept des „Erwerbs“ (Kesb)
Die individuelle Willenskraft, das Wollen und Entscheiden des Menschen, die wir als „Erwerb“ bezeichnen, sind keine geschaffenen Dinge, sondern lediglich Beziehungen.
Der Wille ist an sich keine eigenständige Existenz, sondern lediglich eine Beziehung zwischen existierenden Dingen. Diese Beziehung ist jedoch nicht identisch mit dem Sein selbst, sodass das Knüpfen dieser Beziehung nicht als Erschaffung des Seins gelten kann.
Praktische Weisheit aus der Fatiha
Um solche Irrtümer zu vermeiden, wird in der Fâtiha-Sure in der Formulierung „Dir allein dienen wir, und Dich allein bitten wir um Hilfe“ sehr schön verdeutlicht, dass die Befugnis zu wollen bei uns liegt, die Hilfe und Kraft aber von Allah kommen.
Göttliche Führung und menschliche Verantwortung
Allah belohnt jene, die auf Seinem Weg bleiben, mit Gnade und stärkt ihr Vertrauen und ihre Geduld. Wer jedoch vom rechten Weg abweicht, wird Schaden und Elend erfahren.
Der Koranvers verdeutlicht: „Vielleicht liebt ihr etwas, das schlecht für euch ist, und vielleicht verabscheut ihr etwas, das gut für euch ist. Allah weiß, ihr aber wisst nicht“.
Bedeutung für das tägliche Leben
Diese theologische Lehre hat praktische Auswirkungen auf unser Verständnis von Verantwortung und Gottvertrauen. Sie zeigt, dass Menschen weder machtlose Maschinen noch allmächtige Schöpfer sind, sondern Wesen mit begrenztem, aber realem Entscheidungsspielraum.
Die Fatiha lehrt uns täglich diese Balance: Wir haben die Fähigkeit zu wollen und zu entscheiden, aber wir sind für die Umsetzung auf göttliche Hilfe angewiesen. Dies schützt sowohl vor Selbstüberschätzung als auch vor Resignation.
Das Konzept des „Erwerbs“ (Kesb) erklärt, wie Menschen für ihre Entscheidungen verantwortlich sein können, ohne selbst Schöpfer zu sein. Wir „erwerben“ unsere Handlungen durch unsere Entscheidungen, auch wenn die Kraft zur Umsetzung von Allah kommt.